Bern: Markus Zürcher

Sich selber verändern

Münsingen sei eine Mustergemeinde für KUW!? Schön, es ehrt uns, es ehrt mich als einer, der in den letzten 10 Jahren mitwirkte. Das Modell von Münsingen habe ich jedoch nicht mitentwickeln helfen. In den Grundzügen ist es dasselbe, was ich vor rund 12 Jahren beim Stellenantritt vorgefunden habe. Was soll ich denn sagen, was in Münsingen im KUW so besonders gut läuft? Was hat sich in den letzten 10 Jahren verändert?

In Münsingen gibt es wie überall Klassen, die mir mehr oder weniger Freude machen. Haben sich die Schülerinnen und Schüler verändert? Vielleicht. Ich meine, dass die Schüler und Schülerinnen heute weniger freie Zeit haben. Das führte dazu, dass sie von unserem Kursangebot in der 8. Klasse nicht nach Interesse auswählten, sondern nur noch nach ihren Lücken im Terminplan. Deshalb haben wir vor ein paar Jahren die Wahlfachkurse abgeschafft und dafür KUW-Spezial eingeführt, eine Zeit, in der wir uns als Klasse einem Thema zuwenden, das nicht so stark an den Lehrplan gebunden ist. KUW-Spezial bietet auch Gelegenheit zu einer Exkursion.

Aber sonst sind Schüler eigentlich Schüler geblieben. Was hat sich denn verändert in den letzten 10 Jahren? Wohl am meisten ich mich selbst. Ich bin kein Ausbund für KUW, im Gegenteil: Ich hatte oft recht grosse Mühe mit dem Unterricht. Auch das gibt es in der Mustergemeinde. Die Unterrichtskommission stellte fest, dass ich Mühe hatte und zeigte mir verschiedene Möglichkeiten. "Wir unterstützen dich, wir möchten, dass es dir besser geht." Ich durfte wählen und habe mich entschieden, eine zweijährige Weiterbildung im Fach Religionspädagogik zu absolvieren. Ich habe viel gelernt, Grundlegendes, das mir bisher fehlte. In der Abschlussarbeit mussten wir ein neues Projekt unseres Unterrichts präsentieren. Es ist mir in einem Konfirmationslager gelungen, eine Klasse, die fast nur aus zickigen Mädchen bestand und mit denen ich vorher recht viel Mühe hatte, zu begeistern. Die Klasse war von ihrer Parallelklasse als "Tussi-Klasse" verschrien, Kleider und sich Darstellen war ein grosses Thema. Schnell habe ich die Geschichte von Joseph und seinen Brüdern für Mädchen umgeschrieben. Aus Joseph wurde Josephine, aus Simon Simone usw. Ein besonders schönes Kleid spielt in dieser Geschichte eine wichtige Rolle, Neid und Mobbing waren schon fast vorprogrammiert – alles Themen, die der Klasse nicht unbekannt waren.

Diese Geschichte verarbeiteten wir zu einer speziellen Fotogeschichte. Mit einer Fotomontage setzten wir die Personen- und Bühnenbilder neu zusammen. Das Aufnehmen der Fotos war lustvoll. Wir haben viel gelacht. Am meisten freute mich die Einladung zur Konfirmation, die ein Schüler mit Hilfe seiner Mutter gestaltete: Er überreichte mir eine kleine Broschüre mit der ganzen Fotogeschichte und allen Arbeitsblättern. Die vorderste Seite war die Einladung zur Konfirmation.

Ich habe viel gelernt in den letzen 10 Jahren, mein Unterricht sieht heute anders aus. Wenn Methoden ständig wechseln und die Themen die Lebenswelt der Schüler aufzunehmen vermögen, wird der Unterricht gelingen. Münsingen ist für mich dadurch zur Mustergemeinde geworden, dass die Kirchgemeinde fähig ist, Defizite von Mitarbeitenden festzustellen und diese gezielt zu fördern.

Markus Zürcher

Markus Zürcher.