Zusammenarbeit der Berufsgruppen an der Schnittstelle Seelsorge, Beratung, Begleitung

Was geschieht, wenn eine Sozialdiakonische Mitarbeiterin (SDM) eine Gesprächsgruppe für Trauernde anbietet oder wenn eine Pfarrerin aus der Hilfskasse eine Person unterstützt, die gleichzeitig in Beratung beim SDM ist?

Die Berufsbilder und auch die Kompetenzen der kirchlichen Mitarbeitenden haben sich verändert, die Aufgabenfelder überschneiden sich stärker und verlangen nach Absprachen, um alle fachlichen und persönlichen Ressourcen zum Wohl des Ganzen einsetzen zu können

Wenn in der Revision der Kirchenordnung die dort beschriebenen Grundaufträge der Kirche nun auch in der Ausgestaltung von Ämtern zum Ausdruck kommen, spiegelt sich darin ebenfalls eine Entwicklung zur Professionalisierung und entsprechenden neuen Anforderungen an die Ausbildung. Von den Sozialdiakonen und Sozialdiakoninnen (den ehemaligen SDM, Sozialdiakonischen Mitarbeitenden) wird eine doppelte Qualifikation - sozialfachlich und kirchlich-theologisch - verlangt. In der neuen Katechetik-Ausbildung sollen auch seelsorgerliche Kompetenzen vermittelt werden, und in der theologischen Fakultät ist eine Dozentur für Diakonie eingerichtet worden. Diese neuen Qualifizierungen erfordern auch neue Aufgabenteilungen und Formen der Zusammenarbeit.

Auf Initiative des Bereichs Sozial-Diakonie fanden im Juli 2004 erste Gespräche mit dem Bereich Theologie statt. Leitend war das Interesse, alle im sozialdiakonischen Bereich Tätigen anzusprechen, also auch die Pfarrpersonen. Zunächst ging es jedoch um einen Informationsaustausch zu den laufenden Entwicklungsprozessen in den beiden Berufen Die gegenseitigen Bilder mussten ergänzt und differenziert werden.

Rasch zeigte sich, dass auch die Sichtweisen von Katechet/innen und Behördenmitglieder ins Gespräch einbezogen werden mussten. So entstand eine bereichsübergreifende Arbeitsgruppe "Zusammenspiel der Berufsgruppen", welche im September 2006 zu einem Hearing einlud unter dem Motto "Miteinander - Gegeneinander - Nebeneinander". In einer ausgewogenen Zusammensetzung von Pfarrpersonen, SDM, Katechetinnen und Katecheten sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Kirchgemeinderäten wurden praxisnah die kritischen Punkte herausgearbeitet. Die Gelegenheit, in diesem Rahmen miteinander ins Gespräch zu kommen, wurde sehr geschätzt. Als eindrücklich klare Prioritäten für eine Weiterarbeit zeigten sich "Leitungsfragen" und "Berufs- und Rollenidentitäten". Diese Themen wurden durch den Revisionsprozess der Kirchenordnung aufgenommen. Die Arbeitsgruppe sistierte ihre Weiterarbeit, pflegte aber weiterhin einen Informationsaustausch.

Im Dezember 2008 beschloss die Arbeitsgruppe, das Thema Zusammenarbeit exemplarisch an der Schnittstelle Seelsorge - Beratung - Begleitung aufzugreifen. Begleitend zum Revisionsprozess der Kirchenordnung wollte sie erfahrungsbezogen und modellhaft arbeiten und lud Vertreter und Vertreterinnen aller Interessengruppen ein zu einer Forumstagung im April 2011. In einem einführenden Referat stellte Prof. Chr. Morgenthaler sein Konzept lebensraumorientierter Seelsorge dar, das alle Beteiligten aufforderte, sich darin zu positionieren: wo geht es um Seelsorge aller Gemeindeglieder untereinander (gemäss dem neutestamentlichen Begriff "allälon"- einander) und wo ist welche Art von Professionalität gefragt. Drei Kirchgemeinden stellten ihre Seelsorgekonzepte und Erfahrungen vor, Vertreter/innen der Berufsgruppen und des Kirchgemeindeverbands legten ihre Sicht dar. Die Themenwahl erwies sich für alle als sehr relevant und in den Gesprächen war ein grosses Engagement spürbar.

Folgende Schwerpunkte und Erkenntnisse zeichneten sich ab:

  • Die Entwicklung eines Seelsorge- / Beratungskonzept in einer Kirchgemeinde bietet Chancen für Team-Entwicklung und umgekehrt. Das Arbeiten und Austauschen mit bereits bestehenden Modellen in Kirchgemeinden wirkt ermutigend.
  • Der Stellenwert von Team-Entwicklung und das Fördern einer kooperativen Haltung innerhalb des Teams wird sehr hoch eingeschätzt (wichtiger als Strukturen).
  • Berufsgruppen sind nicht homogen: die Tagung hat zur differenzierteren Selbst- und Fremdwahrnehmung beigetragen.
  • Besondere Beachtung fand die Situation der Katecheten und Katechetinnen. Sie kommen oft (zwischen Tür und Angel) in Situationen, in denen sie seelsorgerlich gefordert sind. Das ist in ihren Stellenbeschrieben nirgends berücksichtigt und auch in der Ausbildung wird das erst in der Ausgestaltung des neuen Modells thematisiert.

Rückblick und Ausblick

Die bereichsübergreifende Zusammenarbeit hat sich sehr bewährt.

Überschneidungen in den Aufgabengebieten der kirchlichen Ämter und Berufsgruppen wird es immer geben. Sie können als Chance genutzt werden. Hilfreich kann für Kirchgemeinden das Erarbeiten eines Seelsorge- und Beratungskonzepts sein. Dies kann sowohl die Zusammenarbeit fördern, wie auch einem klaren Auftritt in der Öffentlichkeit dienen.

In der Weiterarbeit sind nun Unterlagen entstanden, die den Kirchgemeinden zur Verfügung gestellt werden:

  • Schritte zur Erarbeitung eines Seelsorge- und Beratungskonzepts (Konzept-Typen)
  • Checkliste für Kirchgemeinden zur Erarbeitung eines Seelsorge- und Beratungskonzepts
  • Fallbeispiele aus der Praxis (Zusammenarbeit und Triage)

Julia Lädrach