1931 – 1940 Karl von Greyerz

Die bernische Landeskirche im Lichte des Evangeliums

Jahrzehntbericht über die Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons Bern 1930 – 1940. Im Auftrag des Synodalrates verfasst von Karl v. Greyerz, Pfarrer, 388 Seiten.

Drei katastrophale Ereignisse prägen die Zeitspanne des dritten Jahrzehntberichtes in einem Ausmass, schreibt der  Berichterstatter, wie sie unser Volk in diesem Umfang noch nie betroffen hat: Die Viehseuche, die Wirtschaftskrise und der erneute Kriegsausbruch.  Alle drei haben auch die Kirche in ihren Grundfesten erschüttert. Anders wäre es kaum zu verstehen, dass der Bericht mit einem einleitenden Kapitel zum Problem der Kirche anhebt. Die Darstellung und Erläuterung der Kirchenfrage erweist sich dann allerdings als eine Besinnung auf Wesen und Auftrag der Kirche, die in ihrer Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt. Die Abhandlung kann als kleines Kompendium der Kirchenlehre betrachtet werden des Inhalts: Jesus und die Kirche, Volkskirche oder Freikirche, Staatskirche, Bekenntniskirche. Alles was daraufhin folgt ist die Entfaltung des Selbstverständnisses einer sich auf Jesus Christus berufenden, öffentlich wirksamen, der Bevölkerung verpflichteten und im Licht des Evangeliums handelnden Volkskirche.

Wegen des beträchtlichen Umfanges des Berichtes kann eine Zusammenfassung über Stichworte nicht hinausgehen.

Der Aufbau folgt dem Grundauftrag der Kirche und ihrer Organisation. Zuerst kommt die Verkündigung der Kirche, dann folgen die Träger der Kirche, dann das Verhältnis der Kirche zu anderen Körperschaften und Bewegungen und schliesslich der Dienst der Kirche an der Bevölkerung.

Theologisch weiss sich die Verkündigung verwurzelt in Gottes Wort von der Schöpfung und Erlösung, wie es in Jesus Christus erkennbar geworden ist. Dieses Wort Gottes will sowohl gehört als auch getan werden. Hier ist der Ort, vom sonntäglichen Gottesdienst und anderen Gottesdiensten bis hin zur Radiopredigt zu berichten, von Bibelstunden, Trauungen und Bestattungen, Evangelisation, Taufe und Abendmahl als Bundeszeichen. Ebenfalls zur Verkündigung gehört der kirchliche Unterricht als Sonntagschule, Kinderlehre, Unterweisung, Katechismus und Konfirmation. Breit angelegt lässt der Berichterstatter die Stimmen aus den Gemeinden zu Wort kommen und gibt den seiner Theologie entsprechenden nicht minder ausführlichen Kommentar dazu ab.

Das gilt auch für die nachfolgenden Kapitel. Zu den amtlichen Trägern der Kirche gehören nebst der Pfarrerschaft, den Gemeindeheferinnen und Diakonen ausdrücklich auch die Pfarrfrau, Organist und Sigrist, die Frau im Kirchendienst, Kirchgemeinderat, Bezirkssynode, Synode und Synodalrat, und auch der Staat als Träger der Kirche. Dazu kommen die Freiwilligen sowie die erwachsene kirchliche Jugend.

Wenn anschliessend von den Beziehungen zu anderen Körperschaften und Bewegungen die Rede ist, so handelt es sich im Unterschied zu den früheren Berichten nur mehr am Rande um die Beschreibung und Beurteilung von Sekten. Das Thema ist mittlerweile ökumenisch weiter geworden, indem die Beziehungen der Kirchen untereinander in den Vordergrund rücken und entsprechend nun auch beschrieben werden: Evangelisch-reformierte, christkatholische und römisch-katholische Kirche. Bewegungen kommen ins Blickfeld wie die Christliche Wissenschaft und die Anthroposophie, und auch das Verhältnis von Kirche und Schule wird nicht vergessen.

Diese Kirche, vernehmbar in ihrer Verkündigung, sichtbar in ihren Personen, erkennbar in ihren Beziehungen steht als Volkskirche nun ganz im Dienste der Bevölkerung. Im damit beginnenden letzten Kapitel schlägt das Herz des zur religiös-sozialen Bewegung gehörenden Berichterstatters, der nicht zuletzt als Verfasser der Variante des Liedes Grosser Gott, wir loben dich, wie es sich als Nummer 518 in unserem Gesangbuch findet, bekannt geworden ist: Unser Land mit seiner Pracht, seine Berge, seine Fluren, sind die Zeugen deiner Macht, deiner Vatergüte Spuren, das aber auch betet auf dem Hintergrund der kriegerischen Zeit: Herr, erbarm, erbarme dich, deiner blutbefleckten Erde. Beim Dienst an der Bevölkerung handelt es sich im Einzelnen um den Dienst an der Familie, an der Volksgesundheit, der Volksbildung und Volkserholung – da sind die Themen wie Radio, Sonntag, Film und Freizeit anzutreffen, dann der Dienst an der Volksgemeinschaft als kirchliche Liebestätigkeit, aber auch als aufmerksames und kritisches Wächteramt in Sachen Wirtschaft und Politik, und schliesslich der Dienst an der Völkergemeinschaft, verstanden als ökumenische Aufgabe, Weltmission und Mitwirkung an der Überwindung der Weltkrise.

Dem Bericht beigelegt sind im Anhang eine Übersicht über die Finanzen der Kirche, der Jahrzehntbericht der Prüfungskommission sowie das Verzeichnis der Kandidaten für die Aufnahme in den Bernischen Kirchendienst.