Das Klangfenster

Mit dem "Klangfenster" öffnet die Kirchgemeinde Muri-Gümligen zweimal im Jahr ihre Räume für Begegnungen und Erlebnisse besonderer Art. Die Idee: Wenn Musik einen Lebensstil repräsentiert, dann können in der Kirche über den Musikstil auch Lebensstile miteinander ins Gespräch gebracht werden. Den Auftakt machte im Januar 2011 die "Abrahamiade".

Nach langer und intensiver Vorbereitungszeit waren die Veranstaltungen im Januar 2011 nicht nur der krönende Abschluss, sondern wurden für die Kirchgemeinde zu einem Meilenstein im Umgang mit Wort und Musik. Ein ganzes Wochenende lang wurde in der Kirche Muri getanzt, Musik gehört und Geschichten vorgetragen. Es wurde getrunken und gegessen: Das Klangfenster war weit offen.

Das Klangfenster ist ein eigenes Konzept der Kirchgemeinde, entwickelt in Zusammenarbeit von Musikkommission und Pfarrkollegium. Je nach Thema kommen unterschiedlichste Musikerinnen und Musiker mit verschiedensten Instrumenten mit oder ohne Orgel zum Einsatz. Ähnlich wie die Klangfenster-Reihe auf srf2kultur werden neue Töne und überraschende Kombinationen von Wort und Musik ermöglicht.

So wie die übersichtliche Klanglandschaft des Klangfenster-Musikinstrumentes zum Improvisieren ermutigt, zum Zusammenspielen und Komponieren, so ermöglichte das erste Klangfenster den Pfarrerinnen und Pfarrern von Muri-Gümligen einen Kreativitätsschub: sie verfassten eine Reihe von teilweise humorvollen Alltagsgeschichten zur biblischen Gestalt des Abraham. Die Geschichten dieser Abrahamiade wurden am Samstag von den Schauspielern Roswita Schilling und Peter Leu gelesen und von der Begleitband "Züri-Ost" musikalisch weitergeführt. Der Abend mündete in ein Konzert mit Musik im Balkanstil. Rege wurde getanzt. Am Sonntag wurde das Klangfenster  mit einem Gottesdienst mit Henri Mugier als jüdischem Gastprediger und Musik der Band vom Vorabend vorerst wieder geschlossen. Weit aufgestossen hatten es am Freitag Rifa’at Lenzin, Henri Mugier und Philippe König, die mit Hintergründigem und Noch-Nicht-Gehörtem sich und die drei monotheistischen Religionen ins Gespräch brachten.

Fremde Klangwelten, musikalisch oder verbal, und überraschende Klangkombinationen sind das Ziel der Januar-Veranstaltung, während im Juni die Orgel das Zwiegespräch mit anderen Stimmen und Instrumenten sucht und so als Duopartnerin in Erscheinung tritt. Das Juniklangfenster ist klassischer geprägt und schafft doch in Verbindung von kurzen Konzerten, Apérohäppchen und Plaudereien die Voraussetzung für ein jüngeres Publikum, wenn der Münsterkinderchor auftritt oder Organistinnen und Organisten die Verschmelzung verschiedener Musikstile auf und mit der Orgel suchen.

Alljährlich gibt es nun im Januar und Juni ein Klangfenster mit dem Ziel, jüngeren Menschen mit ihrer Musik im Kirchenraum eine Heimat zu geben – und im Kirchenraum Begegnungen zu ermöglichen, die ihr Abbild in der Fusionmusik (der Verbindung von Jazz, Funk und Rock) finden. So sollen Lebensstile, die sich auch in der Musik ausdrücken, miteinander ins Gespräch gebracht und sich Kirchentüren für eher Fernstehende öffnen.

Christoph Knoch