Kirchgemeinde Signau 2005

Im warmen Licht von 700 Kerzen

Seit 2005 feiert Signau in der Vorweihnachtszeit die "Cherzli-Mäss". Zum Gottesdienst in der Morgenstunde brennen im Kirchenraum hunderte von Kerzen und schaffen eine ganz eigene besinnliche Stimmung – während draussen langsam der Tag anbricht.

So viele Kerzen! Sie stehen unten im Chor und oben auf der Empore, sie säumen die Treppe, die hinauf zur Orgel führt, und flackern in schier endloser Zahl auf dem Sims, der das Täfer abschliesst und auf allen Seiten den Wänden entlangführt. Mehr als 700 Stück sind es, grosse genauso wie vor allem viele kleine – und obwohl jedes dieser kleinen Teelichter einen nicht allzu starken Glanz verbreitet, vermögen sie in ihrer Gesamtheit den Kirchenraum doch in warmes, angenehmes Licht zu tauchen.

"Cherzli-Mäss" heisst die Feier, zu der sich Signau an diesem Morgen auf den Weg macht. Alt und Jung stapft noch im Dunkel in die reformierte Kirche. Sogar ganze Klassen mitsamt ihren Lehrern lassen sich den besinnlichen Moment nicht entgehen, zu dem Pfarrer Stephan Haldemann schon seit 2005 in der Vorweihnachtszeit lädt. Ein bisschen katholisch angehaucht sei das Ganze ja schon, schmunzelt Organist Jürg Wenger. Wegen des Namens – Messe – und wegen des vielen Kerzenscheins, der eng mit katholischer Frömmigkeit verbunden ist. Und vielleicht auch, weil es für katholische Kinder nichts Aussergewöhnliches ist, vor der Schule in die Kirche zu gehen.

Das Licht der 700 Kerzen berührt – genauso, wie es auch die Musik tut, die diese Feierstunde prägt. Von der Orgel ertönen vertraute Melodien, Weihnachtsmelodien. «Weihnachten ist Liebe», predigt derweil Pfarrer Haldemann. Er untermalt den Satz mit der Geschichte von zwei Kindern, die dem Vater eine Weihnachtsfreude machen wollen, dabei von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen treten und ausgerechnet auf Heiligabend Gäste einladen, denen die Eltern im Alltag am liebsten gar nicht begegnen würden. Doch oh Wunder, was ziemlich chaotisch beginnt, endet in einer besinnlichen Feier.

Der Organist greift nochmals in die Tasten, und plötzlich überstrahlt ein helles Glockengebimmel den majestätischen Klang aus dem grossen Kircheninstrument. Vor den Pfeifen dreht der Zimbelstern. Die Leute sind ergriffen, als sie Kirche und Kerzenlicht wieder verlassen. Jetzt wird es auch draussen Licht. Der Morgen dämmert.

Artikel erschienen in der Berner Zeitung vom 18. Dezember 2008. Autor: Stephan Künzi

"Cherzli-Mäss" mit 700 Kerzen
"Cherzli-Mäss" mit 700 Kerzen