Kirchgemeinde Saanen 2000

Abländschen – die kleinste Kirchgemeinde im Kanton

Abländschen, das Dorf am Fusse der Gastlosen, gehört von jeher zur Gemeinde Saanen. Es bildet aber seit 1704 eine eigene Pfarrei und Kirchgemeinde. Abländschen hatte einst ein eigenes Chorgericht, heute hat es noch einen eigenen Kirchkreisrat und beruft Kirchkreisversammlungen ein. Seit Januar 2000 ist Abländschen in die Kirchgemeinde Saanen integriert. Ein Blick zurück auf die Geschichte der kleinsten der 208 Kirchgemeinden im Kanton.

Als Johannes Haller im Januar 1556 im Auftrag der Berner Regierung in Saanen den neuen Glauben verkündete, konnten die Leute von Abländschen wegen des vielen Schnees nicht herüber kommen. So blieb das abgelegene Alpental noch drei Monate lang katholisch, heisst es in den Aufzeichnungen von Robert Marti-Wehren zur Geschichte der Pfarrei Abländschen. 1564 kaufte der Landvogt von Saanen im Auftrag des Berner Rates den Platz um das Kirchlein zur Anlage eines eigenen Friedhofes. Wegen seiner Abgeschiedenheit und schweren Erreichbarkeit blieb Abländschen oft monatelang ohne geistliche Betreuung. Anfang des 18. Jahrhunderts wurden die Bitten aus Saanen erhört und der bernische Rat beschloss, Abländschen zu einer eigenen Pfarrei zu machen. Am 28. Mai 1704 wurde Johannes Walthard zum ersten ständigen Geistlichen von Abländschen gewählt.

Das Leben eines Landpfarrers war hart. Erhielten die Geistlichen früher nebst ihrem spärlichen Lohn noch Korn und Wein, wurde später darauf verzichtet. Das Einkommen des Pfarrers betrug 120 Kronen, was kaum für das Nötigste reichte. 1740 wies die Berner Regierung deshalb den Landvogt an, verschiedene Matten und Landstücke sowie Weidenanteile im Gesamtwert von 2500 Kronen anzukaufen. Der Pfarrer verpachtete das Land entweder oder bewirtschaftete es selbst. Trotz der verbesserten wirtschaftlichen Lage zeitigte der Anfang des 19. Jahrhunderts einen Mangel an Geistlichen. Die Pfarrei blieb oft monatelang unbesetzt. Der Schulmeister des Tals hielt Gebet und Kinderlehre. Es gab Vorschläge zur Aufgabe der Pfarrei.

Als die Bevölkerungszahl von Abländschen 1920 auf 74 Personen gesunken war, erwogen die Behörden ein weiteres Mal, die Pfarrei aufzuheben. Obwohl die Kirchgemeindeversammlung am 23. Januar 1920 mit acht gegen vier Stimmen die Aufhebung der Pfarrei beschloss, blieb sie weiterhin bestehen. Den endgültigen Entscheid hatte der Regierungsrat zu fällen. Als das Tal 1930 noch 50 Personen zählte, wurde nach dem Wegzug von Pfarrer Ernst Kohli die Stelle nicht mehr ausgeschrieben. Als Verweser amtete bis 1934 der längst in den Ruhestand getretene Pfarrer Karl Stauffer. Bis 1940 wurde dann die Aufgabe, jeden ersten Sonntag im Monat sowie regelmässig an Ostern, Pfingsten, Bettag und Weihnachten Gottesdienst in Abländschen zu halten und auch Konfirmandenunterricht zu erteilen, einem Bezirkshelfer mit Wohnsitz in Gstaad übertragen. Diese Lösung hatte jedoch keinen Bestand und so wurde 1946 die Bezirkhelferstelle aufgehoben und in eine zweite Pfarrstelle in Saanen umgewandelt. Im mittlerweile wieder 72 Seelen zählenden Abländschen wurde wieder ein ständiger Verweser eingesetzt, der zudem auch Lehrer an der kleinen Gesamtschule war. In den rund 400 Jahren seit der Reformation im Saanenland haben in Abländschen folglich nicht weniger als 150 Seelsorger gewirkt.

Heute wird das Bergdorf Abländschen von einer der drei Pfarrerpersonen von Saanen betreut. Aktuell ist Pfarrerin Alexia S. Walther für Abländschen zuständig. Ende 1999 hatte Abländschen noch einen eigenen Kirchgemeinderat mit allen Kompetenzen, seit dem 1. Januar 2000 ist Abländschen in der Kirchgemeinde Saanen voll integriert. Das war ein sehr emotionaler Entscheid. Das Kirchlein Abländschen war und ist ein Begegnungsort. Die Gottesdienste sind immer recht gut besucht. Im Schnitt werden acht Gottesdienste im Jahr im Kirchlein Abländschen gefeiert. Das Kirchlein ist als Hochzeitskirche oder für Taufen sehr beliebt. Aber auch Wanderer und Kletterer kehren ein für stille Minuten vor oder nach einer Bergtour. Ein ganz besonderes Highlight ist jeweils die Bäuertweihnacht mit der Schule. Da ist stets jeder Platz besetzt.

2012 feierte das 1612 erbaute Gotteshaus seinen vierhundertsten Geburtstag. Doch dieses Ereignis liegt ausserhalb des Berichtszeitraumes.

Brigitte Zahnd

Impressionen Kirchgemeinde Saanen
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